Zwickelbier im Hauptquartier – Pfaffenhofen in den napoleonischen Kriegen

Oh du armes Vaterland“ überschrieb Pfarrer Franz Xaver Amberger seine Tagebuch-Aufzeichnungen zu den napoleonischen Truppendurchzügen in Pfaffenhofen vor über 200 Jahren. Er war gleich in doppelter Hinsicht Leidtragender: Zum einen hatte er die Folgen der erst kürzlich durchgeführten Säkularisation zu verkraften mit ihren radikalen Eingriffen in Kirchen und Pfarreien und den Klosterauflösungen. Zum anderen war er direkt von den Einquartierungen und Plünderungen der Soldaten betroffen. Die Aufzeichnungen des Pfarrers fand Stadtarchivar Andreas Sauer.

Frieder Leipold ist bekannt als Experte für die Schlacht um Pfaffenhofen, die rund 50 Jahre vor den napoleonischen Kriegen stattfand – oder eher nicht stattfand. Er führt durch Pfaffenhofen, ist auch Gästeführer beim weißen Stadtvogel in München und natürlich ließ er sich die Landesausstellung in Ingolstadt nicht entgehen. Auch dort führt er Gruppen, genießt die Erkenntnisse aus der umfangreichen Ausstellung.

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Schnell war klar, dass auch Pfaffenhofen von den fast 20 Jahren dauernden kriegerischen Auseinandersetzungen nicht verschont geblieben war. In der Landesausstellung „Napoleon und Bayern“ in Ingolstadt hängt gleich am Anfang ein Bild aus dem Kloster Scheyern, das französische Reiter beim Durchzug zeigt. Das Bild macht den ganzen Schrecken der Epoche klar: Die Soldaten, egal ob Verbündete oder Gegner, versorgten sich aus dem Volk.
Pfaffenhofen lag zentral zwischen München und Ingolstadt, war direktes Truppenaufmarschgebiet vor 200 Jahren. 1796 kam es im ersten Koalitionskrieg zu einem Waffenstillstand von Pfaffenhofen, zwischen Frankreich und Österreich.

Großes Interesse bei der Themenführung
Die Ereignisse ließen den Geschichtsexperten Frieder Leipold nicht mehr los, er begann nachzulesen, zu forschen und die Gegend zu erkunden. Oft erkennt man erst direkt vor Ort, am Schauplatz der Kampfhandlungen, was abgelaufen sein muss, gewinnt ein Gefühl für die Lage. Und ganz nebenbei findet man so einiges, von der fast zugewucherten Votiv-tafel bis hin zur Kanonenkugel.

Die Idee, eine Napoleon-Themenführung anzubieten, verdichtete sich: „Sonst gibt man eher eine Gesamtübersicht über die Stadtgeschichte“, so Frieder Leipold. Die Themenführung bietet die Chance, dicht in eine Epoche einzutauchen, zu zeigen, was das für die Menschen vor Ort, deren Häuser und Besitz bedeutete.

Frieder Leipold sammelte Fakten, traurige, kuriose, witzige und grausame. Herausgekommen ist eine dichte Führung voller Spannung, an der schon beim ersten Mal rund 20 Interessierte teilnahmen.

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Pfaffenhofen hatte vor 200 Jahren, im Zeitalter Napoleons, als Bayern gerade Königreich wurde, rund 2.000 Einwohner, verteilt auf gut 300 Gebäude. Bierbrauer war ein beliebter Beruf damals und Joseph Hazzi charakterisierte die Bayern so: „… es fehlt ihnen jede Bildung und man findet selten jemand, der seinen Namen schreiben kann“.

Das Gasthaus zur Post, heute eine Parfümerie am Hauptplatz, wurde für eine Woche Hauptquartier der Franzosen unter General Moreau. Der Posthalter musste die Herren in dieser Zeit mit 120 Hühnern versorgen, mit Kapaunen und Brot, mit 14 Eimern Bier und Wein.

Zu den Schrecken des Krieges und der Truppendurchzüge kamen die schnellen Veränderungen der Zeit, das Franziskanerkloster war aufgelöst worden, die Engelkapelle wurde zur Schule umgebaut. Es wird klar, wie zentral Religion in der Stadt war, wie umfangreich der Glauben verankert war.

Frieder Leipold erzählt von falschen Verdächtigungen, wie ein kurzsichtiger Pfarrer für einen Spion gehalten wurde, erklärt was man unter „türkischer Musik“ versteht und warum Pfaffenhofen beinahe wie München einen Mönch, einen Pfaffen im Wappen gehabt hätte. Und damit das Ganze nicht so trocken-theoretisch bleibt, endet die Führung mit einer Bierverkostung, bei der drei Sorten traditionell gebrautes Bier probiert werden können.

von Claudia Erdenreich