„Wir haben zwar weiße Handschuhe – aber nur zum Eindecken!“

Im „Rubens“ tritt Restaurantchefin Uschi Huber den Beweis an,
dass extravagante Gastronomie nicht überteuert sein muss

von Lorenz Trapp

Silber sei das Reden, und das Schreiben sei Gold. Mit welchem Edelmetall man das Malen assoziieren solle, sagt uns der den Umständen angepasste Volksmund leider nicht. Peter Paul Rubens, der große flämische Maler, hätte sich wohl Farbe als Edelmetall gewünscht und in die Einteilung der chemischen Elemente so leidenschaftlich und kraftvoll eingegriffen wie er Maler und Malerei des 16. Jahrhundert ins Barock führte. Geprägt sind seine Werke durch Licht und Farbenglut, in seinen Bildern wird eine allegorische Sprache voller mythologischer Symbolik lebendig.

Als lebendige Sprache hat sich in der Neuzeit das Gerücht entwickelt, und wie der silberne Klang billigen Tands schleicht es sich in aufnahmebereite Ohren, die es aufsaugen in ihren Muscheln und es verfeinert, raffiniert weitergeben.
„Peter Paul“, wie ihn Uschi Huber liebevoll nennt, war einer der ganz großen Wegbereiter in der Kunstgeschichte, und nun hat er in Pfaffen-hofen ein Lokal bekommen, das nicht nur seinen Namen trägt: Der allen leiblichen Genüssen aufgeschlossene Künstler hätte es, allen Gerüchten zum Trotz, sicher auch gerne besucht – und wäre angenehm überrascht worden. „Rubens“ heißt der Neuzugang am Gastronomiehimmel und ist im neobarocken Stil gestaltet. Sinnlich eben, wie es die Werke des barocken Künstlers versprechen. Lange wurden auch die begnadeten Meister des Barock ein wenig belächelt, eine Spur zu umfangreich für unsere fitnessgestählten Vorgaben gerieten ihre leicht bekleideten, genussfreudigen Menschen auf der Leinwand. Heute weiß man, dass Rubens und seine Kollegen recht hatten. Gute Küche geht nicht nur direkt in den Magen, sondern auch in die Seele. Weinrote Wände und goldumrandete Spiegel im „Rubens“ geben den passenden Rahmen.

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Mancher glaubt es kaum: Im „Rubens“ gibt es auch eine frische Halbe, von Uschi Huber persönlich eingeschenkt

Uschi Huber, die „Rubens“-Chefin, möchte Missverständnisse aus der Welt schaffen, die seit der Eröffnung ihres Restaurants mit Bar und gemütlicher Lounge in der Stadt die Runde machen. Ein Espresso koste 6 Euro, werde da gemunkelt, und das ist einfach nicht so: „Ein klassisch italienischer Espresso kostet bei uns nicht mehr als in anderen Lokalen; davon kann sich jeder überzeugen!“ Dass für die Gäste, die zum Abendessen kommen, Krawattenzwang herrsche und die Damen im Abendkleid erscheinen, ist ein Gerücht, das sie überhaupt nicht verstehen kann. „Vielleicht wirken wir etwas schicker als andere, doch mit Sicherheit sind wir nicht steif!“, betont sie. Sie weiß, dass sie nicht alle Einwohner der Kreisstadt mit ihrem Lokal ansprechen kann, doch sie ist überzeugt, dass sie mit ihren exquisiten Gerichten, die es nicht überall gibt, gewiss punkten kann. Am Besten: Wir nehmen Platz und lassen uns von einem Menu nicht abschrecken, sondern inspirieren.

Das Mittagsmenu für 15,50 Euro variiert, wird von 11.30 Uhr bis 14 Uhr serviert, und auf Wunsch der Gäste, so sagt Uschi Huber, hat sich die Küche „ein wenig in die bürgerliche Richtung“ bewegt. Außerdem hat das „Rubens“ donnerstags, freitags und samstags die Öffnungszeiten „in den Morgen“ erweitert: „Wir wollen Bar und Lounge mehr Gewicht geben!“ Dass die Bar einen Hauch von Großstadt hat, sei „leider“ auch etwas missverstanden worden. Doch sie legt Wert darauf, dass die Cocktails wirklich mit den Original-Zutaten hergestellt werden, und für den „Mai Tai“ bedeute dies eben Mandelsirup, weißer Bacardi und unbedingt Meyer’s Rum, den man anderswo gerne durch andere Rumarten ersetze. Schon jetzt hat die Bar ihre Liebhaber gefunden, die regelmäßig kommen, und mancher freut sich, dass er dort auch einen „Glenmorangie“, den legendären schottischen Whiskey in gebührender Atmosphäre genießen kann.

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In der gemütlichen Lounge lässt es sich ausgiebig plaudern

Mit dem „Rubens“ hat sich Uschi Huber einen Traum erfüllt, und sie ist gerade dabei, die Stadt von dessen gastronomischer Qualität zu überzeugen. Nicht irgendwo, sondern in einem Münchner Sternerestaurant absolvierte sie eine solide Ausbildung zur Köchin. Dort wuchs ihre Lust an der gehobenen Gastronomie, wo dem Gast wirklicher Service, Ambiente und ein Genuss aus ausschließlich frischen Produkten geboten wird. Ihre Karriere führte sie rund um die Welt, wie das in dieser Branche nicht nur üblich ist, sondern vorausgesetzt wird. Im Kempinski Airport Hotel in München stieg sie zur stellvertretenden Restaurantleiterin auf. Danach folgte die Restaurantleitung im Kempinski Ajman, nahe Dubai, und verschiedene Stationen in Münchner Restaurants. Reichlich Erfahrung kann die 34-Jährige also vorweisen.Die Abende am Wochenende, erzählt Uschi Huber, hat nun langsam das „ältere“ Publikum entdeckt, das sich nun unter den jungen Gästen, die neue Locations viel selbstverständlicher in Augenschein nehmen, sichtlich wohlfühlt, und diese gesunde Mischung macht sie schon ein bisschen stolz. Junge Leute kommen oft, um gemeinsam eine Flasche Wein zu trinken. Das Restaurant ist eben nicht „ihr Ding“, sie bevorzugen die lockere Atmosphäre an der Bar und in der Lounge. Anfangs habe sie das gar nicht erwartet, aber die Jungen kommen auch, um einfach nur ein Bier zu trinken: „Und ein frische Bier vom Fass ist immer was Gutes!“

Als nächste Attraktion plant sie einen Jazz-Brunch am Sonntag: „Und wer hier wieder horrende Preise erwartet, wird sicher enttäuscht werden!“ Die Erwartungshaltung der Gäste sei zwar sehr groß, doch sie werde mit ihrem Team das Ihrige dazu tun, sie nicht zu enttäuschen.

Tatkräftig unterstützt wird Uschi Huber von ihrer „rechten Hand“ Petra. Petra ist die klassisch ausgebildete Bar-Chefin, die ihre internationale Erfahrung auch auf einem dieser luxuriösen „Traumschiffe“, die die Weltmeere befahren, gesammelt hat. Ansonsten hüllt die „rechte Hand“ ihre Geheimnisse in ein nettes Lächeln gehüllt. Die „zweite rechte Hand“ ist René, der Küchenchef. Bei ihm ist alles, von Fisch bis Fleisch, in den richtigen Händen. Seine besondere Liebe allerdings gilt dem Dessert: „Mit aller Liebe widmet er sich den süßen Sachen, die so sehr das Herz erfreuen“. Und seine hausgemachten Kuchen locken nachmittags ins „Rubens“ immer mehr Gäste, die dann feststellen, dass sich ein gemütlicher Kaffeeplausch hier nicht teurer anfühlt als anderswo.

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„Shake it, Baby!“ – Petra ist die Königin der klassischen Cocktails

Wer es nicht so üppig mag und auf die Linie achtet, der wähle die Gänge einzeln. Auch die Standard-Karte kann beruhigt an Herz und Gaumen gelegt werden. Sie bietet neben originellen Snacks auch verschiedene Pasta-Variationen, die sich mit ihren akzeptablen Preisen eine immer größere Fangemeinde erobern. „Unser Bestreben ist“, verspricht Uschi Huber, „besten Service zu machen! Wir bedienen in lockerer Freundlichkeit in gepflegtem Rahmen. Wir haben zwar weiße Handschuhe“, fügt sie lächelnd hinzu, „doch die brauchen wir nur zum Eindecken!“

Das „Rubens“ ist lebendiger Beweis für die These, dass man in der Gastronomie etwas wagen und auch etwas realisieren kann. Uschi Huber geht in die richtige Richtung, und sie selbst zeigt sich überzeugt: „Pfaffenhofen ist eine aufstrebende Stadt, in der sich Vieles verändert; sie kann jede Art von Gastronomie gebrauchen!“

Wir haben gespeist und wir haben genossen. Begleitet hat uns übrigens eine ansprechende Auswahl auf der Weinkarte, und den Schlusspunkt setzte ein rollender Tisch, der sich mit Petra freundlich lächelnd näherte und ein ausgewähltes Sortiment edler Brände präsentierte. Der „Vogelbeere“ war es dann vorbehalten, ein Menu abzuschließen, das souverän hielt, was es versprochen hatte.