Kunsthandel / Galerie Ars Videndi – Galerist Josef Büchler erklärt, wie er dazu kam, eine Kunstgalerie zu eröffnen, und blickt auf die letzten 13 Jahre zurück

In meinem Fall läßt sich diese Frage einfach beantworten: aus Interesse und Spaß an der bildenden Kunst gepaart mit einigen glücklichen Umständen. Das vom Gymnasiumbesuch herrührende Interesse an den musischen Disziplinen verstärkte sich zunehmend während des Studiums und der Zeit an der Technischen Universität in München durch den häufigen Besuch von Museen, die ja sozusagen „gleich um die Ecke“ sind. Das Gespür für Qualität dadurch geschärft erweiterte ich meine Kunsterlebnisse auch auf Galerien mit der für mich damals doch etwas überraschenden Feststellung, dass gute Kunst nicht nur in Museen hing oder für Millionenbeträge versteigert wurde, sondern auch zu erreichbaren Preisen erwerbbar war. Mit dieser Erkenntnis war zum einen meine Sammlerleidenschaft geweckt und zum anderen der Gedanke an eine eigene Galerie als zunächst nicht realistische Vorstellung geboren.

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Nach der Universitätszeit hatte es mich der Arbeit wegen nach Ulm verschlagen, wo ich viele im dortigen Raum ansässige Künstler kennenlernte. Anfang der 90er Jahre – jetzt heißt es schon – des vorigen Jahrhunderts hat mein Vater das Omnibusunternehmen „Josef Büchler Reisen“ aus Altersgründen aufgegeben, und die Busgaragen standen leer. Die glücklichen Umstände: Ich kannte viele Künstler und hatte einen Raum zur Verfügung, für den ich keine Miete zahlen musste. Damit war der Entschluss gefasst, eine Galerie zu eröffnen – in der Hoffnung und Erwartung, einige Gleichgesinnte in Pfaffenhofen und Umgebung ansprechen zu können, und mit der Aussicht, interessante Künstler und Besucher kennen zu lernen.

Eine zunächst nicht realistische Idee war geboren

Vor der ersten Eröffnung mußte allerdings die Garage einer gründlichen Überarbeitung unterzogen werden mit besonderem Augenmerk auf die Beleuchtung. Mit tatkräftiger Unterstützung meiner Eltern und zeitweise von Freunden entstand in den Urlauben und an Wochenenden über gut ein Jahr der Ausstellungsraum mit 110 qm Fläche und 3,6 m Höhe, ohne die etwa 20-jährige ursprüngliche Nutzung als Garage und Reparaturwerkstatt zu verleugnen. Die Kargheit des Raumes verleiht der Galerie einen unverwechselbaren Charakter und lässt die Kunst ohne ablenkendes Beiwerk wirken. Aufgrund seiner großzügigen Bauweise bietet er dem Betrachter den nötigen Abstand und den ausgestellten Kunstwerken entsprechenden Raum, ihre Ästhetik und ihr Wesen zu entfalten.

Zur Aufmerksamkeitserregung und Präsenz bei den potentiellen Kunden und Besuchern musste ein wohlklingender und einprägsamer Name gefunden werden. Die Wahl fiel zunächst auf „ars vivendi – Kunsthandel“, um die Verknüpfung des Lebens mit der Kunst aufzuzeigen, im doppeldeutigen Sinn „Lebenskunst“. Der Begriff „Kunsthandel“ statt „Galerie“ entledigte mich des Anspruches an eine Nobelgalerie; Qualität sollte durch die Kunst, nicht durch die Ausstattung des Ausstellungsraumes erreicht werden.

Ende 1994 wurde dann der av-Kunsthandel gegründet. Die Eröffnungsausstellung galt Oswald Oberhuber, einem der renommiertesten Gegenwartskünstler Österreichs. Von 1995 bis 2000 folgten viele Ausstellungen mit Arbeiten u. a. der Künstler Kurt Absolon, Winfried Baumann (Bild), Anna Bien, Enrique Brinkmann, Ottmar Christl, Heide Frahm, Heiner Hepp, Norbert Käs, Theo Scherling, Klaus Stephan, Klaus Michael Stephan und Mark Tobey.

„ars vivendi“ verband Kunst und Leben zur Lebenskunst

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Nach vier Jahren Pause wurde der Ausstellungsbetrieb im September 2005 mit einer Auswahl von Künstlern der Galerie wieder aufgenommen. Da der Name „ars vivendi“ im Laufe der Zeit für alle möglichen und unmöglichen Geschäfte und Waren verbraucht wurde, sollte jetzt ein anderer, besserer Name – „ars videndi“: die Kunst zu sehen – an seine Stelle treten. Seither folgten Ausstellungen u. a. mit Beatrix Eitel, Gil Schlesinger zum 75. Geburtstag, Theo Scherling und Ernst Zahnweh sowie eine Osterausstellung mit Arbeiten von Max Peiffer-Watenphul, Mark Tobey, Horst Janssen, Max Slevogt, Otto Müller u. a. und eine Ausstellung mit afrikanische Figuren und Masken zusammen mit afrikanisch inspirierten Schmuckkreationen von Cornelia Rohne.

Das Hauptaugenmerk des Galerieprogramms liegt auf den klassischen Kunstgattungen Malerei, Skulptur/Objektkunst und Originalgrafik zeitgenössischer Künstler. Die Auswahl reicht von gegenständlicher bis abstrakter Kunst. Grundsätzlich bestimmen Güte, Eigenständigkeit und Schlüssigkeit des einzelnen Kunstwerks die Leitlinie. Der Öffentlichkeit stellen wir die Exponate im wesentlichen in Einzelpräsentationen, Gruppenausstellungen und thematischen Ausstellungen vor. Gelegentlich organisieren wir auch Präsentationen, die vom üblichen Programm abweichen, wie z. B. eine Ausstellung mit afrikanischer Kunst.

Mit der Intention einer langfristigen Zusammenarbeit haben wir über die Jahre einen festen Künstlerstamm aufgebaut, der kontinuierlich erweitert wird. Möglichst einmal im Jahr wird ein Künstler aus der Region zu einer Ausstellung eingeladen. Ein wichtiges Ziel ist es auch, jungen Künstlern ein Forum zu bieten. Im Laufe der Zeit konnten viele interessante Ausstellungen gezeigt und regionale sowie überregionale Künstler vorgestellt werden. So ist es geglückt, eine Auswahl zeitgenössischer Kunst dem interessierten Publikum zugänglich zu machen.

Kunstkauf ist Vertrauenssache. Als fester Bestandteil unserer Geschäftsphilosophie wird der Anspruch an hohe Qualität der Kunstwerke daher nicht umgangen und Kunst angeboten, die entgegen mancher momentan aufsehenerregenden Strömung auch nach vielen Jahren ihre Aktualität und damit auch ihren Wert mindestens beibehält. Bei allen zum Verkauf ausgestellten Werken wird auf ein angemessenes, möglichst günstiges Preisniveau geachtet, so dass hochwertige Kunst zu erschwinglichen Preisen zu erwerben ist. Dies alles ist naturgemäß eine subjektive Einschätzung, aber dennoch aufgrund des Erfahrungsschatzes auch anderer Galeristen, Künstler und Kunstliebhaber nicht unbegründet.

Auch Nachwuchsförderung gehört zum Ziel der Galerie

Unser Tätigkeitsfeld sehen wir in erster Linie in dem Betreiben der Galerie als Ausstellungsort, beratend und ausführend bei Rahmung und Hängung, der Pflege des Kontaktes zu Sammlern und auch zu einem Publikum, das womöglich erst noch an die Kunst herangeführt werden will. In diesem Sinne sehen wir die Galeristentätigkeit auch als einen Teil Basisarbeit, allerdings ohne missionarischen Eifer. Diesbezügliche Erfolge sind aber doch Anlass zur Freude und Genugtuung, wenn bei einigen wenigen, zunächst neugierigen Galeriebesuchern im Laufe der Zeit die Begeisterung für die Kunst tiefe Wurzeln geschlagen hat. Dennoch ist ein größeres Interesse an der Kunst sowie die Wahrnehmung und das Wahrnehmen des kulturellen Angebotes wünschenswert – zur eigenen Freude und für alles um uns.

„Kein Kunstwerk verändert die
Welt, aber vielleicht die Gedanken darüber.“ (Richard Serra)

Sie sind herzlich eingeladen, die Räumlichkeiten der Galerie zu besichtigen. Lassen Sie sich inspirieren von unserem Motto: „Ars videndi“ – die Kunst zu sehen.

Josef Büchler