Kooperationsbereitschaft: „Darum beneidet man Pfaffenhofen“ Ein Blick zurück nach dem offizellen Abschied: Erinnerungen an 33 Jahre Sportgremium

von Hellmuth Inderwies 

(Anm. d. Red.: Hellmuth Inderwies gehörte 1976 als Delegierter des FSV Pfaffenhofen zu den Gründungsmitgliedern der Arbeits- und Interessengemeinschaft Pfaffenhofener Sportvereine, die sich den Namen „Sportgremium Pfaffenhofen“ gab. Er war zunächst Mitglied eines „Fünferrats“, der anfangs die Geschicke dieser Vereinigung lenkte, nach der Umgestaltung der Führungsspitze von 1980 bis 1991 stellvertretender Vorsitzender und schließlich von 1991 bis 2009 erster Vorsitzender. Dieses Amt legte er nun nach achtzehn Jahren in jüngere Hände. Als seinen Nachfolger kürten die Vereine vor kurzem den Stadtrat und Jugendreferenten Martin Rohrmann und verliehen Hellmuth Inderwies für seine Verdienste den Titel eines Ehrenvorsitzenden, womit er – wie auch sein Vorgänger Franz Kaindl – weiterhin der Vorstandschaft angehört. Beide haben in Pfaffenhofen in den letzten Jahrzehnten Sportgeschichte geschrieben.)

In einer Welt globalen Fühlens und Denkens bildet ebenso wie in geschichtlichen Umbruchszeiten die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft ein Gegengewicht dazu, dass der Mensch nicht zum Opfer von Identitätsverlust und geistiger Entwurzelung wird. Wer freilich, wie es vielfach noch im Sport zum Alltag gehört, sich von seinem Wir-Gefühl allzu sehr berauschen lässt und über jene berühmte Vereinsbrillenmentalität, deren intellektueller Horizont gerade einmal bis zur Nasenspitze reicht, nicht hinauskommt, der entwickelt sich in der Gegenwart mehr und mehr zum anachronistischen Wesen eines „ewig Gestrigen“, für den Selbstkritik und Toleranz Fremdwörter sind und der bei nicht erfüllten Erwartungen zumeist ein hohes Aggressivitätspotential an den Tag legt. Als ich vor über vier Jahrzehnten nach Pfaffenhofen kam, konnte man sich nur wundern, in welchem Maße hier „Sportkameraden“ mit Eifer einen Vereinsfanatismus pflegten, der nicht selten kriegerische Züge annahm. Es gibt sie immer noch in unserer Stadt, diese Spezies, die manchmal sehr viel für die „eigenen Farben“ tut und dabei die ethischen Grundwerte des Sports und seine kulturelle Relevanz gänzlich vergisst. Aber sie ist bei uns doch inzwischen sehr viel seltener anzutreffen. Nicht zuletzt das Sportgremium Pfaffenhofen mit seinen gegenwärtig dreißig Vereinen, denen über 10 000 Mitglieder (darunter etwa 3500 Jugendliche) angehören, hat hierzu einen erheblichen Beitrag geleistet. Es gilt als ein Sonderfall in bayerischen Landen, um den die Kreisstadt allenthalben und immer wieder beneidet wird. Wenn anderweitig Einrichtungen solcher Art zumeist schon nach kurzer Zeit zum Scheitern verurteilt waren, ist diese Vereinigung nun schon seit Jahrzehnten für die hiesige Sportwelt zu einem Forum solidarischer und vertrauensvoller Zusammenarbeit und zum Sprachrohr gemeinsamer Interessen geworden.

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Kurze Ruhepause während eines langen Arbeitstages beim Weinfest

Als der ehemalige 2. Bürgermeister Willihard Kolbinger am 24. März 1976 die städtischen Vereine zu einem ersten Kontakttreffen in den Festsaal des Rathauses einlud, verfolgte diese Initiative allein den Zweck, die ewigen Rivalitäten unter ihnen aus der Welt zu schaffen. Sie waren sich zu diesem Zeitpunkt wegen einer Neuordnung der städtischen Sportförderung wie so oft in die Haare geraten, weil jeder glaubte, zu kurz zu kommen. Der Stadtrat wiederum wollte bei der Festsetzung von Höhe und Verteilung der Mittel nicht ins Kreuzfeuer der Vereinsinteressen geraten und deswegen einen Teil der Verantwortung weitergeben. Dazu war es aber notwendig, die jeweiligen Vorsitzenden an einen Tisch zu bringen. Es glich fast schon einem Wunder, dass bereits am 21.04.1976 im Schützenheim in Prambach mit der Verabschiedung einer Satzung der Gründungsakt des „Sportgremiums Pfaffenhofen“ von dreizehn Mitgliedern vollzogen wurde, darunter Hauptschule, Gymnasium und Landkreis. Letztere waren allerdings allein wegen der Terminabstimmung von Veranstaltungen eingeladen worden, ebenso Grundschule, Realschule und die Bundeswehr in Scheyern (Sporthalle!), die es vorzogen, von vorneherein nicht zu erscheinen, zumal sie ja lediglich als „beratende Mitglieder mit Stimmrecht“ Dienste leisten sollten. Dem Landratsamt gestand man sogar nur den Status eines „beratenden Mitglieds ohne Stimmrecht“ zu. Der darauf mit Ausnahme der Stadt Pfaffenhofen folgende Verzicht aller öffentlichen Institutionen auf eine Mitgliedschaft, die vor allem der MTV-Vorsitzende Roland Quaiser wegen der für seinen Verein lebensnotwendigen Hallenbenutzung gefordert hatte, gehörte zu den glücklichen Umständen der ersten Stunde, dass ein in sich divergentes Gebilde, das wohl nie zu einer Einheit zusammengewachsen wäre, vermieden wurde. So etablierten sich letztendlich als Gründungs- und Vollmitglieder folgende Vereine: BC Uttenhofen, BRK-Wasserwacht, ECP, FC Tegernbach, FSV, Kellerschützen Tegernbach, Kgl. priv. Feuerschützen, Luftsportverein, MTV, TCP, Naturfreunde, SG 64 Tegernbach und MSC. Hinzu kam der stimmberechtigte städtische Sportreferent. Trotzdem gab es noch erhebliche Reibungsflächen aus der Welt zu schaffen: Kurzen Prozess machte man mit einem Antrag des MTV.

Als deren Vorsitzender pro hundert Vereinsmitglieder jeweils eine Stimme forderte, was seinem Verein die absolute Mehrheit in diesem Gremium gebracht hätte, wurde er einstimmig in die Grenzen verwiesen und festgelegt, dass alle Vereine unabhängig von ihrer Größe als gleichberechtigte Partner nur über eine Stimme verfügen sollten. Auch darüber, dass allein Sportvereine, die einem Dachverband angehören (BLSV, BSSB u. a.) und konstant eine geordnete und intensive Jugendarbeit betreiben, Mitglieder werden können, war man sich schnell einig. Längere Zeit nahm die Umstrukturierung des schwerfälligen und oft handlungsunfähigen Fünferrats mit einem Geschäftsführer als Führungsspitze in Anspruch. Vereinsegoismus und Verfahrensmängel standen nicht selten im Vordergrund. Erst als Franz Kaindl zunächst Roland Quaiser als Sprecher des Fünferrats abgelöst, den Geschäftsführer wegen sehr eigenwilliger lückenhafter Einladungsmethoden seines Amts enthoben und zudem die „schwammige“ Satzung zu einem wertlosen Stück Papier erklärt hatte, das nicht weiterhelfen könne, wenn es an gegenseitigem Vertrauen und an Solidarität fehle, war dem Sportgremium der Weg in eine erfolgreiche Zukunft geebnet. 1980 stimmte man seinem Antrag, die Vorstandschaft auf drei Funktionen zu beschränken zu. Er selbst bekleidete das Amt des ersten Vorsitzenden, Hellmuth Inderwies wurde zu seinem Stellvertreter und Konrad Herker zum Schriftführer gewählt. Diese Maßnahme bot Gewähr für eine stabile und reibungslose Zusammenarbeit in der Vorstandschaft. Von diesem Zeitpunkt an nahm das Sportgremium nicht nur durch eine Reihe von Neuaufnahmen einen unerwarteten Aufschwung, es gewann auch an gesellschaftlichem Profil und damit an Einfluss auf die Entwicklung des Sports in unserer Stadt.

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Spitzen-Wechsel: Hellmuth Inderwies und Nachfolger Martin Rohrmann

Regelmäßige Aktivitäten und Bewährungsproben

Jede Vereinigung braucht regelmäßige Aktivitäten und Bewährungsproben, soll sie wirklich zu einer geschlossenen und lebendigen Gemeinschaft zusammenwachsen. Dessen ist sich niemand mehr bewusst als jene Funktionäre, die einmal für längere Zeit an der Spitze eines Sportvereins gestanden sind. So lag es nahe, zunächst über einen Terminkalender die Veranstaltungen der Vereine zu koordinieren und mit einem Weinfest ab 1978 nicht nur eine Möglichkeit zu schaffen, die für den Sportbetrieb notwendigen finanziellen Mittel aufzubessern, sondern vor allem auch Pfaffenhofen ein gesellschaftliches Ereignis ersten Ranges zu bieten. Inzwischen ist es bereits siebenundzwanzig Mal über die Bühne gegangen und zum Bürgerfest Pfaffenhofens schlechthin avanciert. Es sollte endlich in der Förderung mit öffentlichen Mitteln anderen Veranstaltungen solcher Art gleichgestellt werden. Die heute im zweijährigen Turnus stattfindende Sportlerehrung durch die Stadt Pfaffenhofen wurde im selben Jahr vorweg mit der unnachgiebigen Unterstützung von Georg Ehmer und Franz Kaindl im Stadtrat durchgesetzt und erhielt mit der Verleihung einer Medaille zum Gedächtnis an Max Heckmeier, dem verdienten langjährigen städtischen Sportreferenten, eine besondere Note. Es handelt sich dabei um die höchste Auszeichnung, die in einer stilvollen Feier im Festsaal des Rathauses an einen Sportler vergeben wird. Das Sportgremium leistet hier umfangreiche Vorarbeiten und entlastet damit die städtische Verwaltung. Da die Pfaffenhofener Schützenvereine drei verschiedenen Gauen angehören und so bei den Verbandswettkämpfen nie aufeinander treffen, lag es nahe, eine jährlich stattfindende Stadt-Schützen-Meisterschaft zu organisieren. Sie geht heuer zum 30. Mal in zwölf verschiedenen Disziplinen über die Bühne, umfasst alle Bereiche von der Schüler- bis hin zur Damen- und Schützenklasse, einer Mannschaftswertung und die Ermittlung des Stadt-Schützen-Königs und nimmt so den Zeitraum einer Woche in Anspruch. Zwischen 200 und sogar über 300 Schützen nehmen stets an diesem Wettbewerb teil, der ein hohes Niveau besitzt und zwischenzeitlich sogar in den oberen Etagen des Schützensports Beachtung gefunden hat. Der scheidende Vorsitzende wurde dafür zweimal mit der Medaille „In Dank und Anerkennung“ des Bezirks Oberbayern im Bayerischen Sportschützenbund ausgezeichnet. Die Pfaffenhofener Brauereien und Banken unterstützen seit den Anfängen diese Initiative. Andere Aktivitäten (Sportgala, Bürgerfest des PK u. a.) kamen hinzu.

Eine enge konstruktive Zusammenarbeit mit der Stadt Pfaffenhofen gehört von Anfang an zum Selbstverständnis des Sportgremiums. Man weiß hier die eigenen wie die kommunalen Möglichkeiten sehr gut einzuschätzen, gehört nicht zu den ständig Fordernden und hat gerade in Zeiten finanzieller städtischer Engpässe erantwortungsbewusst und ohne Murren Verzicht geleistet und so in mageren Jahren stets seinen Teil zur Haushaltssanierung der Stadt beigetragen.

Konsequente Haltung von Vorstandschaft und Vereinen

Als die Schulraumnot Ende der 80er Jahre zu einem Problem wurde und für ein neues Schulgebäude sich Niederscheyern als Standort anbot, nahm man es gleichermaßen hin, dass dieses ursprünglich mit Beschluss des Stadtrats für ein Sportzentrum vorgesehene Gelände einer neuen Bestimmung zugeführt wurde. Als jedoch dann dem Sport hier sämtliche Möglichkeiten genommen werden sollten, demonstrierte das Sportgremium in einer „bewegten“ und zugleich denkwürdigen Versammlung im Alpenvereinsheim am 16. November 1987 seine Geschlossenheit und Stärke und rang den politisch Verantwortlichen den heutigen Bestand ab. Ohne die damals gezeigte konsequente Haltung von Vorstandschaft und Vereinen würde es keine Dreifachsporthalle, kein Nebengebäude mit Küche, Vereinsräumen und Schießstand und keinen Kunstrasenplatz geben, da solche Einrichtungen nicht zum förderungswürdigen staatlichen Rahmenprogramm einer Grund- und Teilhauptschule gehören. Dass freilich notgedrungen die Sporthalle zwischenzeitlich für alle möglichen Veranstaltungen genutzt werden muss – ob sie geeignet ist oder nicht! – und dadurch die Arbeit der Sportvereine erheblich beeinträch­tigt wird, weist mit aller Deutlichkeit auf einen brisanten Nachholbedarf der Stadt hin. Wenn schon von jenem einst sehr eingehend diskutierten Projekt „Sportzentrum 2000“ lange nicht mehr die Rede ist (Pfaffenhofen hat es im Gegensatz zu vergleichbaren Kommunen versäumt, seinen Sportbetrieb zugunsten einer vernünftigen Raumplanung aus der Innenstadt hinauszuverlagern!) und wenn schon der Bau einer Stadthalle zur Zeit wohl kein Thema ist, dann sollte wenigstens jenes am Volksfestplatz entstehende Gebäude einer Vielfachnutzung dienen, wobei durchaus auch den „Skatern“ ein begrenzter Zeitraum für ihren Sport zugestanden werden kann. Alles andere wäre in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation ein unverantwortlicher Umgang mit öffentlichen Haushaltsmitteln.

Bislang hat die Stadt Pfaffenhofen das Sportgremium als wertvollen Ratgeber gesehen und ohne Zweifel seine Sportvereine auch entgegenkommend unterstützt. Betrachtet man allein die Effektivität der Jugendarbeit, die hier ehrenamtlich geleistet wird, dann ist diese Hilfe durchaus angebracht und auch verständlich. Denn gerade im Vergleich zur kommunalen Jugendarbeit ist jene in den Sportvereinen sowohl in ihrer Breite, in ihrer Intensität wie vor allem in ihrer Wirtschaftlichkeit ein konkurrenzlos günstiges Unternehmen. Dass dies bei künftigen politischen Entscheidungen stets im Auge behalten wird, darüber wird man im Sportgremium auch in Zukunft sorgsam wachen. Denn das Sportgremium mit seinen 30 Vereinen ist auf Grund seiner konstruktiven Grundeinstellung, seiner Kooperationsbereitschaft und seines gesellschaftlichen Verantwortungsbewusstseins schlechthin die permanente Bürgerinitiative zum Nutzen der Stadt Pfaffenhofen.