Ein Haus des Gebetes zwischen hartem Pflaster und Barmherzigkeit

von Lorenz Trapp

Vor Kurzem hatte ich das Glück, ein paar Tage in Venedig verbringen zu dürfen. Was Venedig von Pfaffenhofen unterscheidet, ist Folgendes: Die Hauptverkehrsstraßen sind aus Wasser, und es gibt fünf jüdische Synagogen. Was Pfaffenhofen und Venedig gemeinsam haben: Es kann zwischen den Häusern durchaus hektisch werden. Im Falle von Venedig liegt dies weniger an den Bewohnern der Lagunenstadt selbst, sondern vielmehr an den Besuchern aus aller Welt, die der Stadt an der Adria zu Hauf ihre Aufwartung machen – ein Szenario, dem sich nicht nur die Tourismus-Manager in unserer kleinen Stadt nicht verwehren wollen.

gebet

Wer in Venedig dem Trubel entfliehen will, dem bieten sich – Gott sei Dank! – die prächtigen Gotteshäuser an, und als ich im Kirchenschiff der Santa Maria dei Miracoli auf der Bank saß und die Ruhe genoss, begleiteten meine Gedanken mitnichten Kreuzritter auf dem Weg nach Jerusalem. Ich dachte an meinen letzten Besuch bei Sankt Johannes Baptist am Hauptplatz. Er lag schon eine Weile zurück, und obwohl jede der beiden Kirchen ihren ganz eigenen Charakter pflegt, erschloss sich mir eine großartige Gemeinsamkeit: Sie sind ein Ort des Friedens.

Ein Ort des Friedens wird auch die Moschee sein, die die Türkisch-Islamische Gemeinde in Pfaffenhofen errichten möchte. Fast 800 islamische Türken leben in der Kreisstadt, der provisorische Gebetsraum in der Kellerstraße platzt aus allen Nähten. Die geplante Moschee an der Hohenwarter Straße schafft Abhilfe und verleiht dem gemeinschaftlichen Gebet der Muslime einen würdigen Rahmen. Dazu dient das Gebäude als sozialer Treffpunkt, und natürlich verdient eine Moschee ein Minarett.

Ich habe erwartet, dass sich Widerstand regt. Eigenartigerweise war, als der Bauausschuss den Antrag in seiner Sitzung behandelte, das Minarett besonders den Mitgliedern aus der christlich-sozialen Fraktion ein Dorn im Auge – als wäre es ein Symbol für das Schwert des Islam und bedrohe das christlich-soziale Abendland. Ein Minarett passe nicht ins Landschaftsbild, wurde argumentiert, ohne klar zu legen, was denn, zwischen Betriebsgelände und Trabrennbahn, ein passendes Landschaftsbild wäre. Selbst Stadtrat Franz Schmuttermayr, den sonst eine pragmatisch-gelassene, tolerante Grundhaltung auszeichnet, konnte sich mit dem Minarett und dessen Höhe nicht anfreunden. Ich rechne es Bürgermeister Thomas Herker hoch an, dass er die Problematik auf den Punkt brachte: „Ein Minarett gehört zur Moschee wie der Kirchturm zur Kirche“. Als Einziger von jenen im Bauausschuss, die das C groß im Parteinamen führen, brach Hans Prechter tapfer und uneingeschränkt eine Lanze für die Moschee – inklusive Minarett. Der Bauausschuss stimmte mehrheitlich für die Moschee. Weiteres obliegt nun dem Landratsamt. Widerstand blieb. Die heftigsten Kritiker unter den Gegnern der Moschee möchten ihre Namen öffentlich nicht genannt haben, aus Angst allgemein, und speziell aus „Angst vor schleichender Islamisierung“. Sie verwechseln Islam mit Horrormeldungen aus aller Welt, die nichts mit islamischer Religionsausübung zu tun haben, und schon gar nichts mit der Türkisch-Islamischen Gemeinde in Pfaffenhofen. Vielleicht sollten ihnen einige Stadträte mehr in der Öffentlichkeit mit einem klaren Statement entgegentreten.

Der Gott der Muslime und der Gott der Christen haben – wie Bibel und Koran – vieles gemeinsam. Barmherzigkeit gehört dazu. Falls Sie zu den Taufschein-Christen gehören, denen sich die Bedeutung dieses Wortes nicht mehr erschließt, dann empfehle ich einen Besuch bei Sankt Johannes Baptist – in aller Ruhe, mit der Zeit, nachzudenken und Frieden zu finden.

Auch die Moschee steht Nicht-Muslimen offen. Ich freue mich schon darauf, das Gebäude demnächst auf mich wirken zu lassen, die Ruhe zu genießen und die Kreuzzüge des Alltags zu vergessen – als wäre die Welt ein Ort des Friedens und der Wunder.