Die Nachlese zur Hauptversammlung des FSV Pfaffenhofen (Teil 2)

Wer zu den „Münchner Löwen“, zu den „Schalker Knappen“ und zu den „Kiezkickern“ vom Hamburger Millerntor ein intimes sportliches Verhältnis pflegt, der muss auch den FSV Pfaffenhofen lieben. In gleicher Weise gehören hier außerordentliche Höhen und Tiefen, herausragende Erfolge und abstruse Ungereimtheiten im Vereinsleben in weit signifikanterer Form zum Alltag als es gemeinhin im Sport der Fall ist. Und diese Besonderheiten werden dementsprechend auch in der Öffentlichkeit wesentlich intensiver wahrgenommen und von den Mitgliedern viel emotionaler gelebt, vor allem wenn es sich um einen Traditionsverein handelt. Die Jahreshauptversammlung 2017 kann man ohne Bedenken jenen markanten Episoden der bald 100-jährigen Geschichte des FSV Pfaffenhofen hinzurechnen.

Zwei Kandidaten für den 1. Vorstand
Allein schon die Tatsache, dass sich bei der diesjährigen Neuwahl gleich zwei Kandidaten um das Amt des 1. Vorsitzenden bewarben und zudem beide bereits beim Auftakt ihre designierten Teamkollegen vorstellten, die sich bereit erklärt hatten, in der zukünftigen Vorstandschaft mitzuarbeiten, glich geradezu einer Sensation. Denn zumindest in den letzten 50 Jahren war man stets froh, wenn sich wenigstens einer fand, der sich nach reiflicher Überlegung zutraute, das Kommando in diesem manchmal nicht ganz leicht zu führenden Verein zu übernehmen. Mitunter konnte man erst nach Wochen oder Monaten jemanden dazu überreden. Dieses Mal ließ das Vorgeplänkel um eine außerordentliche Mitgliederversammlung die Vermutung aufkommen, dass eben diese Neuwahlen zu einem nicht der Gewohnheit entsprechenden, spannenden Event werden könnten. Und dies lockte wohl neben den fest eingeplanten Anhängern der beiden Kandidaten auch Vereinsmitglieder, denen man sonst sehr selten begegnet, und eine Reihe neugieriger Fans in die sehr früh überfüllte Sportgaststätte.


Die neue Vorstandschaft bei der ersten Sitzung (v.l.): Florian Späth (Kassier), Bernhard Kästle (2. Vorsitzender), Ramazan Yaylakci (Vorsitzender), Josef Huber (Jugendleiter), Max Reber (3. Vorsitzender), Kerstin Yaylakci (Schriftführerin), Konstantin Späth (Spielleiter) befindet sich bei einer Mannschaftssitzung

Von weit über 100 Anwesenden waren bei einem Verein, der gegenwärtig mit 511 Mitgliedern einen Tiefstand erreicht hat, 96 stimmberechtigt. Und diese wurden zudem noch mit der ganz neuen Erfahrung konfrontiert, dass der bisherige 2. Vorsitzende, Ramazan Yaylakci, den Mut aufbrachte, das seit 10 Jahren regierende Oberhaupt Peter Wittmann, herauszufordern. Beide warben in ihrem der Wahl vorausgehenden Rechenschaftsbericht bzw. ihren Statements mit dem gleichen Motto um die Stimmen: „Wir müssen alle an einem Strang ziehen!“ Und das scheint in der Tat bei dem gegenwärtigen Erscheinungsbild des Vereins auch dringend notwendig, nachdem Vorstandschaft und Aktive allzu lange ein Eigenleben in der Ballkammer geführt haben und die passiven, aber durchaus interessierten und stets anwesenden älteren Mitglieder im Vereinsheim vom Gemeinschaftsleben nahezu ausgeschlossen waren. Während der noch amtierende 1. Vorsitzende dies damit zu erklären versuchte, „dass es sich halt so entwickelt hat“, richtete sein Herausforderer den Blick stärker auf ein künftiges Procedere.


Sieglinde und Sebastian Schleibinger (Abschiedsbild)

Die Wahl selbst ging schneller über die Bühne als man unter solchen Umständen erwarten durfte. Ramazan Yaylakci konnte beim ersten Urnengang bei 3 Enthaltungen 73 Stimmen auf sich vereinen, während auf Peter Wittmann lediglich 20 fielen. Darauf verzichtete das von ihm ins Feld geführte Team auf eine Kandidatur, allen voran der BLSV-Kreisvorsitzende Florian Weiß, den er als seinen zukünftigen „Vize“ erst am Tag zuvor ins Boot geholt hatte. Und die vom „Rama“, wie man ihn bereits als C-Jugendlichen im Verein nannte, vorgeschlagenen Aspiranten wurden gewissermaßen im Alleingang mit überzeugenden Ergebnissen in ihre Ämter gewählt: Bernhard Kästle (2. Vorsitzender), Max Reber (3. Vorsitzender), Florian Späth (Kassier), Kerstin Yaylakci (Schriftführerin), Konstantin Flick (Spielleiter) und Josef Huber (Jugendleiter). Letzterer hatte dieses Amt bereits in der alten Vorstandschaft inne und sich vor der Wahl entschlossen, es unter anderen personellen Bedingungen wieder anzustreben.

Weniger der Wechsel in der Führung des Vereins kam überraschend, sondern vielmehr die Eindeutigkeit, mit der Peter Wittmann abgewählt wurde. Er musste zurecht als Verantwortlicher für die Alleingänge seines Vorstandsteams den Kopf hinhalten. Auf Unverständnis bei vielen Vereinsmitgliedern stieß vorweg die „unwürdige“ Kündigung der langjährigen Vereinswirtin Sieglinde Schleibinger. Sie hat zusammen mit ihrem „Wast“ über 36 Jahre in hohem Maße dafür gesorgt, dass die Sportgaststätte auch eine echte Heimat für den FSV sein konnte, in der man sich wohl fühlte. Sie wurde am letzten Sonntag von einer Vielzahl von FSVlern mit nachdenklichen Dankesreden und Geschenken verabschiedet. Außerdem trägt aber auch der 2012 mit der Stadt geschlossene vage Pachtvertrag über eben diese Sportgaststätte die Unterschrift des bisherigen Vorsitzenden. Es handelt sich um eine seltsame „Mixtur“ mit Auflagen zur Sanierung des Stadiongebäudes und des Wirtschaftsraums bei Eigenbeteiligung des Vereins.


Irene Daniel, Leiterin der Herzsportgruppe

Was steckt zudem hinter dem § 11: „Dieser Pachtvertrag ist auf eine Laufzeit von minimal sechs und maximal zehn Jahren bzw. bis zur erforderlichen Auslagerung des Sportzentrums im Nachgang zur Kleinen Landesgartenschau ausgelegt. Wird eine Auslagerung nach Ablauf von sechs (im Jahr 2018), aber vor Ablauf von 10 Jahren nach Vertragsschluss (im Jahr 2022) erforderlich, hat die Stadt diese dem FSV rechtzeitig, das heißt mit mindestens zwölf Monaten Vorlauf anzuzeigen.“ Wie ist dieser Passus auszulegen? Wann und unter welchen Umständen ist eine Auslagerung erforderlich? Wie soll sie sich gestalten? Die meisten Mitglieder des Vereins kennen diesen Vertrag nicht, obwohl es hier, wie es beim MSC Pfaffenhofen der Fall war, um das Domizil, um die Heimat des FSV geht, also um seine existentielle Zukunft.

Keine Vorstandschaft sollte bei solch schwerwiegenden Sachverhalten, die, wie in der Satzung des FSV zu lesen ist, „im Interesse des Vereins“ liegen, ohne die Einbindung der Mitglieder selbstherrlich eine Entscheidung treffen. Denn sie sind der Souverän, nicht die Amtsträger, und haben letztlich die rechtliche Verantwortung zu tragen. Worin sind die Gründe zu sehen, dass eine außerordentliche Mitgliederversammlung verweigert wurde? Warum wurde das Sportgremium Pfaffenhofen nicht einbezogen, zumal dieser Sachverhalt auch andere Vereine betrifft (s. Nutzung des Sportgeländes!)? Manche Frage bleibt offen. In beiden Fällen hat die alte Vorstandschaft ihre Schuldigkeit sicher nicht getan, auch wenn sie einstimmig entlastet wurde.

Wer so lange an der Spitze eines Vereins stand wie Peter Wittmann (Nur zwei Vorsitzende konnten in der Geschichte des FSV bisher auf eine längere Amtszeit zurückblicken!), dem unterlaufen verständlicherweise auch Fehler, die keiner gerne eingesteht. Darüber sollte man aber auch nicht vergessen, dass in den letzten zehn Jahren im sportlichen Bereich Fortschritte bei den Senioren wie im Jugendbereich erzielt wurden, dass die Herzsportgruppe, die 1983 gegründet wurde, weiterhin sehr wichtige und erfolgreiche Dienste in der medizinischen Rehabilitation leistet, dass zusammen mit dem MTV eine Junioren-Fördergemeinschaft (JFG) aus der Taufe gehoben und nicht zuletzt, dass eine Kricket-Abteilung gegründet wurde.


Verleihung der Max-Heckmeier-Medaille als höchste Ehrung der Stadt an das
Team, das die DFB-Pokal-Hauptrunde erreichte

Sportliche Erfolge sind Wunsch für die Zukunft
Der FSV Pfaffenhofen war in seiner Geschichte immer dann am stärksten, wenn er ein Tief durchlebt hatte. Wer nach der Hauptversammlung davon überzeugt war, dass eine Spaltung in zwei oder mehrere Lager eintreten wird, kennt die „Streitkultur“ nicht, die in diesem Verein ihre eigenen Gesetze hat und dann, wenn sie „ausbricht“, sehr offen und mit harten Bandagen geführt wird. Dafür zieht man danach wieder gemeinsam umso stärker an einem Strang! Und das ist es, was den FSV in der Vergangenheit auszeichnete und auch zu seinen sportlichen Erfolgen mit der langjährigen Zugehörigkeit zur Landesliga, dem Erreichen der Hauptrunde des DFB-Pokals als bisher klassenniedrigsten Verein in Deutschland, dem Aufstieg in die Bezirksoberliga, den zahlreichen Stadt-Fußball-Meisterschaften beitrug. Der neuen Vorstandschaft ist zu wünschen, dass sie mit ihm wieder auf solche Erfolge zusteuert und dabei wie bei den „Münchner Löwen“, den Schalker „Knappen“ und dem „Kiezclub“ auch die vielen treuen Mitglieder in das sportliche Geschehen einbezieht.


Das erfolgreiche Team zur Urkunde
Autor: Hellmuth Inderwies