Die Kunst als lebender Organismus Der Arbeitskreis der bayerischen Städte veranstaltet ein Kunstfestival der anderen Art

von Hellmuth Inderwies, Kulturreferent in Pfaffenhofen

Allmählich bringt der 1976 gegründete „Arbeitskreis für gemeinsame Kulturarbeit der bayerischen Städte“, dem gegenwärtig 38 Mitglieder angehören, über die traditionellen Großzentren hinaus spürbaren Schwung in die Kulturarbeit des Freistaats. Nach dem sehr erfolgreichen Projekt „Literaturlandschaften“ wird im Jahre 2008, vom „Internationalen Museumstag“ am 18. Mai bis zum „Tag des offenen Denkmals“ am 14. September, ein neues landesweites Festival über die Bühne gehen: „Kunst im öffentlichen Raum – Kunst ( ) Räume Bayerns“.

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Daran beteiligen können sich alle Mitgliedsstädte sowie die von ihnen als Partner gewählten Kommunen. Die Stadt Pfaffenhofen hat bereits ihre Zusage gegeben und vor Kurzem zu einem ersten Treffen ihr jüngst gegründetes „Kunstgremium“ frei schaffende bildende Künstler sowie die Schulen und verantwortliche Vertreter des Kulturlebens der Nachbargemeinden Geisenfeld, Scheyern und Wolnzach zu einem ersten Gespräch eingeladen. Bis Ende Mai wird man bei der Stadtverwaltung (Ansprechpartnerin: Elisabeth Benen; E-Mail: elisabeth.benen@stadt-pfaffenhofen.de) Themen und Konzepte vorlegen und bei einer weiteren Zusammenkunft besprechen, welche Ideen verwirklicht werden sollen. Für die Region „10“ haben die Kulturreferenten von Ingolstadt, Neuburg, Eichstätt und Pfaffenhofen „Kunst im Fluss“ als gemeinsames Unterthema gewählt, das nicht nur in seiner wörtlichen Bedeutung, sondern vor allem auch im übertragenen Sinn („die Kunst als Prozess, als dynamische, sich ständig verändernde Kraft unseres Lebens“) vor Augen geführt werden soll. Eine derartige gemeinschaftliche Umsetzung des Projekts in der Region und eine landesweite Werbung (Programmhefte, Internet, Medien, Katalog, Plakate, Veranstaltungskalender usw.) sollen nach den Vorstellungen der Initiatoren zu einer Art Kulturtourismus anregen und neben dem Interesse für das gemeinsame Projekt die Besucher in die oft wenig bekannten und verwaisten lokalen Kulturstätten (Museen, Theater, Bibliotheken usw.) führen und diese aus ihrem Dornröschenschlaf zum Leben erwecken. Im Museumsbereich ist dies in der Kreisstadt eine überfällige Pflichtaufgabe, soll nur halbwegs dem heutigen Selbstverständnis von Kunst entsprochen werden, die sich als lebender Organismus versteht, der hineinwirkt in die Gesellschaft, auf den Menschen zugeht, breite Schichten der Bevölkerung auf sich aufmerksam machen will und sich damit eben nicht mehr nur als ein Feierabendvergnügen einiger weniger Privilegierter präsentiert. Für Pfaffenhofen könnte dies in der Tat auch zu einem Impuls und Auftakt eines verstärkten Fremdenverkehrs werden. Um eine solche Chance zu nützen, wäre allerdings auch die Solidarität und Unterstützung anderer gesellschaftlicher Interessengruppen, die davon profitieren könnten, Voraussetzung.

Solchem Selbstverständnis der Gegenwartskunst entspricht die vom „Arbeitskreis für gemeinsame Kulturarbeit“ veröffentlichte Projektbeschreibung: „Die Beziehung zwischen Kunst und Raum lebt durch gegenseitiges Geben und Nehmen. Kunst braucht Raum, um sich entfalten zu können, sie gestaltet Räume, verleiht ihnen Einzigartigkeit und sie schafft selbst Räume und Räumlichkeit (zum Beispiel Bildräume oder Architektur). So vielfältig Bayern ist, so vielfältig sind auch die Räume, die der Kunst zur Verfügung stehen, die sie beleben kann, und so vielfältig ist die Kunst selbst. Jede bayerische Stadt, jede Region hat andere Gegebenheiten …“

Eine große Vielfalt von Veranstaltungsformen wurde vom Arbeitskreis diskutiert. Folgende Möglichkeiten standen hierbei im Mittelpunkt: Ausstellungen, Festivals, Begleitprogramme, Diskussionsforen, Schul-, Kinder- und Jugendveranstaltungen, Arbeiten im öffentlichen Raum (z.B. Straßen, Plätze, freies Umland), Transparente an und Verhüllung von Gebäuden, Galerien, Skulpturenparks, Workshops, Vorträge, Theater und Musik, Filmprogramme u. a. Dabei sollten vor allem auch vorhandene Einrichtungen genutzt und wieder belebt werden, wo es notwendig ist.

Die teilnehmenden Schulen sind nicht streng an das für die Region beschlossene Thema gebunden. Sie können mit eigenen Varianten auf „Kunst ( ) Räume“ aufmerksam machen. Ihre Projekte werden durch „transform“ an der Akademie der Bildenden Künste München (http://Irz-muenchen.de~transform-kunst/) betreut und in einem bayernweiten Veranstaltungskalender präsentiert. Ein Support-Team steht ihnen bei der Projektausführung beratend zur Seite. Im Rahmen eines Wettbewerbs wird der innovativste Schulbeitrag mit einer Tagesexkursion prämiert. Das Bayerische Kultusministerium hat im Schreiben (vom 08.11.2006) die Schulen über das Festival ausführlich informiert.

Die Gegenwartskunst konkurriert bei einem solchen Projekt mit einer Vielzahl von gewohnten Bildern und Alltagseindrücken. Sie muss deshalb auch nachdrücklich auf sich aufmerksam machen. Wo sie wahrgenommen wird, stößt sie nicht immer sofort auf Sympathie. Sie erregt zuweilen Anstoß, weil Neues dem Menschen zunächst meist fremd erscheint und ihn beunruhigt. Wenn sie ihn gleichzeitig aber dazu verleiten kann, sich mit ihr kritisch auseinandersetzen, dann ist bereits ein Teil ihrer Intention erfüllt: Sie hat den Betrachter dazu bewegt, über Alternativen, neue Entwicklungen, persönliche Lösungen nachzudenken und sich ein persönliches Urteil zu bilden. Und eben diese Auseinandersetzung bewirkt, dass der Kunstbetrieb in Bewegung bleibt und Kunst nicht als starres System, sondern als lebender Organismus in Erscheinung tritt.