Der Pfaffenhofener – Reminiszenzen eines Redaktionsmitglieds
an die Genese einer Lokalzeitung

(von Hellmuth Inderwies)
Ursprünglich sollte er die „Aktion – Der Hallertauer“ des Medienhauses Kastner A.G. mit einer wöchentlichen Auflage von 66 000 ergänzen, um den besonderen Charakter dieses Anzeigenblatts zu betonen. Inzwischen ist er als Presseorgan auf Grund seiner Beliebtheit bei der Bevölkerung aus der Kreisstadt nicht mehr wegzudenken: „Der Pfaffenhofener“. Als mich anfangs 2007 der Chef des Wolnzacher Medienhauses, Eduard Kastner, fragte, ob ich als amtierender Kulturreferent der Stadt nicht regelmäßig über deren Kulturszene in einer neu erscheinenden Zeitung berichten wolle, war in der Tat nicht zu erwarten, dass diese geplante vermeintliche „Gazette“, die einmal im Monat in den Buchhandlungen Osiander und Kilgus, in den Tabakläden von Breitner und Bergmeister und bei Schreibwaren Prechter kostenlos erhältlich ist und zudem an diverse andere Abnehmer verteilt wird, sich wirklich durchsetzen und an Profil gewinnen könne. Im Laufe von zehn Jahren hat sie jedoch bei ihren Lesern ein derart positives Echo ausgelöst, dass viele von ihnen, wie sie beteuern, nicht mehr auf sie verzichten möchten.
Für mich als Pfaffenhofener war es nicht nur eine Selbstverständlichkeit, diesem ehrenvollen Angebot aus der rivalisierenden Nachbargemeinde zu entsprechen, zumal Eduard Kastner sich schon lange als Mäzen von Kunst und Kultur und als Organisator herausragender Events einen Namen machte und deshalb nicht von ungefähr bereits 1998 zum Ehrenmitglied der Münchner Akademie der Bildenden Künste ernannt worden war. Es wurde mir vor allem auch die Möglichkeit geboten, mich ohne irgendeine Form redaktioneller Überprüfung und Korrektur über das kulturelle Leben in der Kreisstadt zu äußern. Denn „Der Pfaffenhofener“ verstand sich von Anfang an als ein mit spitzer Feder und mit Augenzwinkern geschriebenes Blatt. Und nicht zuletzt durfte ich im Ruhestand jene Beschäftigung wieder aufnehmen, die ich als Mitautor des „WiKu“ (Schülerzeitung des Wittelsbacher Gymnasiums in München) unter der strengen Obhut meines ehemaligen Schulkameraden und damaligen Chefredakteurs Kurt Faltlhauser, des späteren bayerischen Staatsministers der Finanzen, und während meines Studiums der Zeitungswissenschaften an der LMU in München (u. a. bei Otto B. Rögele und SZ-Chefredakteur Hermann Proebst) nicht ohne Hingabe gepflegt hatte. Auch für den Pfaffenhofener Kurier schrieb ich fünf Jahre lang die Berichte über die Fußballspiele des FSV. Seit der ersten Ausgabe des „Pfaffenhofeners“ liefere ich nun ohne Unterbrechung meinen monatlichen Artikel, seit Januar 2008 als Mitglied der Redaktion, jenem Zeitpunkt, als auch Kilian Well sein Amt als Verantwortlicher im Sinne des Presserechts (V.i.R.d.P.) übernahm, hierbei selbst als Autor auftrat und eine neue Mitarbeiterstruktur schuf.

Für mich als schon etwas „Gereiften“ war es beim Auftakt im Jahr 2007 ein besonderer Reiz und zugleich ein Ansporn mit einem jungen Team zusammenzuarbeiten, zu dem Julian Knapp und mein ehemaliger Schüler am Schyren-Gymnasium, Lorenz Trapp, gehörten. Sie gaben der neuen Lokalzeitung in der ersten Ausgabe die programmatische Ausrichtung: „Der Pfaffenhofener will die Stadtkultur Pfaffenhofens aufdecken, wobei Kultur nicht nur Kunst und Musik umspannt, sondern Gastronomie, Lebenswert, Bildung, Produkte, ja selbst Arbeitsplätze, wenn sie interessant sind. Dazu gehören Persönlichkeiten, auch Originale …“. Ein Portrait von Max Blank, dem „Stadt-Max“, bildete ein augenscheinliches Beispiel hierfür. Eine „echte Stadt-Identität zu vermitteln“, war in dem neuen und in dieser Form bislang einzigen Stadtmagazin das elementare Anliegen. Es galt, die Öffentlichkeit mit dem bereits vorhandenen vielfältigen Kulturleben, so mit einem veranstaltungsreichen Kultursommer, mit den von internationalen Künstlern getragenen Europäischen Kulturtagen, mit einem von Christian Herb inszenierten und überregional Aufsehen erregenden, aber hier am Ort nie geliebten Skulpturen-Park mit den Werken weltweit bekannter Künstler, mit einer Vielzahl von Ausstellungen und Konzerten usw. usw. vertraut zu machen. „Schlummernde Museen möchten erweckt werden.“ schreibt Lorenz Trapp unter der Schlagzeile „Sackgasse Pfaffenhofen?“ in der ersten Ausgabe der Zeitung und beklagt die Vernachlässigung der sakralen musealen Bestände im Mesnerhaus und den im Flascherl-Turm nahezu vergessenen dichterischen Nachlass des Ehrenbürgers Joseph Maria Lutz. Und als Kulturreferent war es mir in meinem ersten Artikel ein tiefes Anliegen, das ländliche Kulturangebot von dem Verdacht regionaler Begrenztheit zu befreien und unter dem Leitsatz „Unterschätzte Wiege der Kultur“ ins rechte Licht zu rücken. „Nur am Rande wird zur Kenntnis genommen, dass gerade in unserer Region eine ungewöhnliche Vielzahl von Künstlern lebt und dass hier zahlreiche Präsentationen der bildenden Kunst, der Musik und des Theaters nicht nur den Kulturkalender füllen, sondern ihn auch schmücken.“ Dass dabei der Sport und seine Zukunft für den Kulturreferenten gleichermaßen eine wichtige Rolle spielten, versteht sich von selbst. Einiges davon ist seit jener Zeit verwirklicht worden, Vieles jedoch in der Folge am Geldmangel und hernach an politischer Ideologie gescheitert. Man kann nur hoffen, dass dies nicht für alle Zeiten in einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten städtischen Politik der Fall ist.

Wie sehr der Kulturbegriff unabdingbar zum Dasein des Menschen gehört und als Gradmesser für dessen Lebensqualität gilt, ist der thematischen Vielfalt der Zeitung zu entnehmen. Neben zahlreichen sporadischen „Gastbeiträgen“ in der Gründungsphase ist hierfür neben Lorenz Trapp, der als Koordinator stets auch den Leitartikel schreibt, vor allem Claudia Erdenreich zuständig. Ebenfalls seit 2008 festes Mitglied der Redaktion, widmete sie sich von Anfang an der ganzen Breite kulturellen Geschehens. Da stehen bei ihr gleich zu Beginn ein Portrait der Pfaffenhofener Tafel, ein Bericht über pafnet.de als erfolgreiches Informationsportal für die Region, die Frage nach der Zukunft des leerstehenden Ilmgau-Kaufhauses der Familie Schick und die Vision von „Eisbären in Pfaffenhofen“ im Mittelpunkt der Arbeit. Letzteres, angeregt durch die filmische Naturdokumentation „Unsere Erde“, die in dieser Zeit ein breites Publikum in die Kinosäle lockte, bildete ihre Premiere als Autor.

Politisches Geschehen
kritisch hinterfragen

Und noch Eines verdient es, als Besonderheit erwähnt zu werden: Pfaffenhofens Stadtoberhaupt erhielt ein Podium, sich selbst, seine Arbeit und seine Vorhaben den Mitbürgern zu vermitteln. Bereits im März 2008 konnte Thomas Herker als Bürgermeisterkandidat sein Programm für die anstehende Wahl, in den darauffolgenden Monaten als Gekürter einen Rückblick und Ausblick auf seine politischen Intentionen und Aktivitäten und zudem in einem Charakterbild die „Sozialdemokratie als eine Geisteshaltung“ den Lesern vor Augen führen. Und seit Juni 2008 wird ihm durchwegs auf der zweiten Seite der Zeitung ein Platz für eine Kolumne mit aktuellen Verlautbarungen eingeräumt, was in dieser Form durchaus nicht allerorts in Deutschland zu den gängigen Pressegepflogenheiten zählt. Man muss sich fragen, warum er trotzdem einmal das Verbot aussprach, den „Pfaffenhofener“ gerade im Haus der Begegnung, einem Ort der Kommunikation, für die Öffentlichkeit bereit zu stellen, wo doch eine Reihe von Zeitungen aufliegt und sein Motto vor der Wahl lautete: „Wir sollten uns nicht im Kleinen verzetteln und uns um Positionen bekriegen.“ (Der Pfaffenhofener, 16. Mai 2008, S. 2)

Wenn es schon im Stadtrat Pfaffenhofens gegenwärtig anscheinend an echten oppositionellen Alternativen fehlt, so fällt der Presse im Verbund mit der Öffentlichkeit in ganz besonderem Maße die demokratische Verpflichtung zu, politisches Geschehen kritisch zu hinterfragen und zu überprüfen. „Der Pfaffenhofener“ sieht dies als eine wichtige Aufgabe ganz im Sinne jener Bürger, die vor der Erstausgabe befragt wurden.