31. Obb. Hallenmeisterschaft der Fußballschiedsrichter

Futsal lähmt den Rekordmeister aus Pfaffenhofen / von Hellmuth Inderwies

„Futsal“ heißt das Zauberwort des neuen Hallenfußballs, der nach einem Jahr des Übergangs die traditionelle Form, wie sie in Deutschland bisher üblich war, endgültig verdrängt hat. Ab dem 1. Januar 2015 hat ihn der DFB für alle Landesverbände als einzige offizielle Spielart verbindlich vorgeschrieben, auch wenn er hierzulande nur sehr selten praktiziert wurde und in der Öffentlichkeit noch wenig bekannt ist.

Umso mehr sieht sich der Bayerische Fußballverband gegenwärtig veranlasst, mit dem eigens hierfür geschaffenen Plakat „Auszeit – Futsal“ Aktive wie Fußballinteressierte zu motivieren, dass sie sich in der Winterpause mit dieser neuen Variante möglichst schnell vertraut machen, zumal sie von der FIFA bereits seit 1989 auf internationaler Ebene Anerkennung gefunden hat und seither in einem Vierjahresrhythmus auch sieben Weltmeisterschaften ausgetragen wurden, bei denen bislang Brasilien fünfmal den Titel errang. Von den der UEFA angehörenden Ländern nahmen nur Portugal, Spanien, Italien, die Niederlande, Belgien, Russland und die Ukraine daran teil. Im Schulsport Südamerikas gehört diese Art des Fußballs bereits seit Jahrzehnten als altersgerechte Spielform von Kindern zum Unterrichtsprogramm. Ihr Name „Futsal“ ist ein Kunstwort, das durch die Zusammensetzung der portugiesischen bzw. spanischen Wortanfänge von „futebol de salão“ bzw. „fútbol sala“ („Hallenfußball“) entstand.

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Mit sechs Titeln 
weiterhin Rekordmeister
Seiner Wortbildung entsprechend fordert dieses Hallenfußballspiel selbst von den Akteuren und den Referees eine eigene, teilweise ungewohnte Kunst, die bei der 31. Obb. Hallenmeisterschaft der Schiedsrichter in der großzügigen Pauline-Thoma-Halle in Kolbermoor alle beteiligten Mannschaften in der Tat noch viel zu wenig verinnerlicht hatten. In besonderem Maße galt dies für das erfolgsverwöhnte Team der SR-Gruppe Pfaffenhofen, das unter 14 Teilnehmern lediglich einen enttäuschenden 12. Platz erreichte, sein bisher schlechtestes Ergebnis bei diesem Turnier um den „Max-Klauser-Cup“ nach drei Jahrzehnten. Freilich war man darüber hinaus auch stark ersatzgeschwächt angetreten. Bewährte Stammspieler wie Daniel Stampfl, Albert Breitsameter und Tom Färber fehlten. Nach einem durchaus noch vielversprechenden und sehenswerten 0:0 im Auftaktspiel gegen den Gastgeber Chiem musste man durch die folgenden Niederlagen gegen die SR-Gruppen München-Süd (1:4) und Erding (0:1) bereits in der Vorrunde die Hoffnung auf eine gute Platzierung begraben und überließ schließlich auch noch im Kampf um den 11. Platz den Kollegen aus Weilheim beim Sechs-Meter-Schießen (1:2) den Vortritt.

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Bis auf den gewohnt reaktionsschnellen Florian Drexler im Tor spielte nach nur einmaligem Training als Vorbereitung jeder der Akteure unter Form und kam wohl auch deshalb mit dem neuen Spielmodus kaum zurecht. Die kleinste, aber bei diesem Turnier bislang erfolgreichste oberbayerische Schiedsrichtergruppe aus Pfaffenhofen konnte damit die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen. Man musste sich letztendlich damit trösten, mit sechs Titeln weiterhin Rekordmeister zu bleiben. Kaum besser erging es den favorisierten Mannschaften dieses Turniers, den Schiedsrichten der Gruppen Ruperti, Freising und Erding, die bereits im Viertel- bzw. Halbfinale die Segel streichen mussten. Auch die gänzlich neu formierte und beeindruckende junge Truppe der Ingolstädter blieb als Vorrundensieger nach verlorenem 6m-Schießen gegen die Gruppe Ammersee vorzeitig auf der Strecke, so dass mit Bad Tölz und Inn zwei Außenseiter im Finale standen, das die Isartaler mit 2:0 für sich entschieden. Auch die Unparteiischen (pro Begegnung zwei!) hatten zuweilen ihre liebe Mühe mit der neuen Variante.

Strafstoßmarkierung im 
Abstand von sechs Metern
In der Tat beschert der Modus von „Futsal“ eine Reihe ungewohnter Neuheiten. Das bandenlose Spielfeld soll zumindest 25 Meter Länge (höchstens 42 Meter) aufweisen und seine Breite zumindest 15 Meter (höchstens 25 Meter) betragen. Seine Tor- und Seitenlinien besitzen nach Möglichkeit wenigstens einen Meter Abstand zu den Hallenwänden. Ist ein Ball im Aus, so wird er nicht wie früher eingerollt, sondern wird, wobei er auf der Linie ruhen muss, mit dem Fuß innerhalb von 4 Sekunden eingekickt. Es sind nur Handballtore (3×2 Meter) erlaubt, vor denen sich eine Strafstoßmarkierung im Abstand von 6 Metern (Funktion wie beim früheren Siebenmeter!) auf dem Viertelkreis des Strafraums (identisch mit dem Handballkreis) und eine Freistoßmarkierung im Abstand von 10 Metern befindet.

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Von hier aus werden direkte Freistöße gegen die Mannschaft ausgeführt, die 6 Fouls (bei voller Spielzeit von grundsätzlich 20 Minuten bei Seniorenmannschaften) 5 (bei einer Spielzeit von 15 bis 19 Minuten) oder 4 (bei einer geringeren Spielzeit) begangen hat, wobei keine Mauer gebildet werden darf. Jedes weitere Foul führt zu jeweils einem 10 m-Freistoß. Wird von den Schiedsrichtern die Vorteilsregel angewandt, so müssen sie dem Zeitnehmer das Foul anzeigen, wenn sich der Ball im Aus befindet. Eine Reduzierung der Spielzeit sollte nur bei Turnieren erfolgen, bei Junioren beträgt sie je nach Altersstufe zwischen 7 und 10 Minuten. Der kleinere und leichtere Futsalball von der Größe 4 (sonst 5) mit einem Umfang von 62 bis höchstens 64 cm und einem Gewicht von 400 bis 440 Gramm besitzt geringere Sprungeigenschaften und ist dadurch leichter kontrollierbar, setzt dementsprechend aber auch ein anderes Ballgefühl der Spieler (auf insgesamt 12 begrenzt, davon fünf auf dem Spielfeld) voraus.

Neu ist auch die Möglichkeit, eine Auszeit von einer Minute pro Halbzeit in Anspruch zu nehmen. Hierbei darf kein Spieleraustausch erfolgen. Sonst kann er zu jedem Zeitpunkt im Spiel von der Wechselzone der jeweiligen Mannschaft aus unbegrenzt und fliegend stattfinden. Das von der FIFA herausgegebene offizielle Regelwerk umfasst zusammen mit seiner Auslegung und den Richtlinien für Schiedsrichter über 160 DIN-A4-Seiten.

Akteure mit ansprechendem fußballerischen Potential
Nicht durchwegs sind die Vereine glücklich darüber, sich vom traditionellen Hallenfußball verabschieden zu müssen. Auch im Kreis Donau-Isar verzichtete deshalb in dieser Saison eine nicht geringe Anzahl auf die Teilnahme an der Meisterschaft. Dass Futsal eine größere Dynamik und einen schnelleren Spielablauf bewirkt und die technischen Fertigkeiten der Akteure in höherem Maße fördert und transparent macht, was von Befürwortern ins Feld geführt wird, konnte zumindest die 31. Obb. Hallenmeisterschaft der Schiedsrichter nicht bestätigen, auch wenn die hier antretenden Akteure über ein sehr ansprechendes fußballerisches Potential verfügen.

Die in Anspruch genommenen Auszeiten, der Trend hin zu einer reinen Spielzeit und das ständige Einkicken des Balls, wenn er die Seitenlinie überschritten hat, verzögern das Spiel gegenüber dem mit Bande ganz ohne Zweifel und stören den Spielfluss. Die 10 m-Freistoßregelung provoziert augenscheinlich die Schauspielkunst der Akteure, um sich vor allem dann, wenn die Referees eine sehr enge Auslegung der Regel bevorzugen, einen Vorteil zu verschaffen. Mit dem leichteren Futsalball mögen zudem durchaus Messi und Neymar ihre technischen Fertigkeiten perfektioniert haben, dass er aber bei Spannschüssen weniger Fahrt aufnimmt und deshalb die Spieler dazu verführt, ihn mit der nicht durchwegs eleganten Pike nicht selten Richtung Hallendach zu befördern, ist gleichermaßen offensichtlich.

Vor allem aber wirft man den Verbands-
oberen vor, dass sie viel zu schnell und zu kategorisch Futsal eingeführt und damit der traditionellen Form des Hallenfußballs ein Ende bereitet hätten. Deshalb wird es auch noch eine Weile dauern, bis diese in Vergessenheit geraten ist und jene wirklich Fuß gefasst hat.

Großartige Werbung für das Schiedsrichteramt
Als die 31. Obb. SR Hallenfußballmeisterschaft beim Festabend mit Siegerehrung in Ramerberg ihren Abschluss fand, ließen Geselligkeit und Gemeinschaftsgeist der Unparteiischen die Diskussion über die neue Sportvariante in Vergessenheit geraten. Die Schiedsrichterlegende Max Klauser, seit einigen Jahren Bezirksehrenvorsitzender, trug einmal mehr mit seinen fulminanten Grußworten in hohem Maße dazu bei. Zugleich eine großartige Werbung, um Jugendliche für das Schiedsrichteramt zu gewinnen!